Ein Bericht von Kathrin Hofmeister erschienen im Trierer Volksfreund von Mittwoch 9. Juli 2025, Seite 8 (Text und Bilder von Kathrin Hofmeister)
Ab in den Naturschwimmteich
TV-Garten im Juli: Vor sechs Jahren ist das Projekt „Tausende Gärten – Tausende Arten“ ins Leben gerufen worden, das Menschen inspiriert hat, ihre Gärten, Balkone und öffentliche Grünflächen naturnah zu gestalten und sich aktiv für den Erhalt heimischer Arten einzusetzen. Dank der Förderung im Bundesprogramm Biologische Vielfalt konnten mittlerweile mehr als 300 Naturgärten ausgezeichnet werden. Der einzig prämierte in unserer Region liegt in Zemmer und bietet nicht zuletzt mit seinem Naturschwimmteich erfrischende Anregungen
Kann man von einem „brandaktuellen“ Sommerwochenende sprechen? An diesem Julitag ist die Hitze auf versiegelten Flächen jedenfalls kaum zu ertragen. Am Naturschwimmteich eines nachhaltigen Gartens dagegen wirkt das Mikroklima angenehm. Ich besuche ein Vorzeige-Projekt in der Eifel. Während sich auf der Wasseroberfläche die Schönwetterwolken spiegeln, ziehen schillernde Libellen ihre Bahnen. Aus der Wildhecke, die man auch als natürliche Klimaanlage bezeichnen könnte, tönt Vogelgesang. In der anschließenden Wiese zirpen die Grillen. So stellt man sich ein Naturgarten-Paradies vor.
Das haben die Prüfer des Projekts „Tausende Gärten – Tausende Arten“ (Extra) genauso gesehen und prämierten den Garten und Firmensitz von Katrin und Jens Gelderblom mit Gold. Ihr Unternehmen nennt sich nach der Bezeichnung für den europäischen Edelkrebs, Astakus. Trierern ist es vielleicht schon mal am Olewiger Bach begegnet, wo die Spezialisten in den letzten Jahren dafür gesorgt haben, dass ein eingepferchter Wasserlauf wieder lebendig wird. In ganz Deutschland und bis in die Schweiz sind sie in der Gewässerrenaturierung und dem naturnahen Wasserbau unterwegs. „Wir machen Biotopanlagen“, bringt es die Geschäftsführerin auf den Punkt. Der Projektmanager und Hydrologe ergänzt, „für den Eigengebrauch wollten wir auch einen Schwimmteich haben“. So ist das erfrischende Habitat für Mensch, Moderlieschen, Frosch&Co Erholungsort und Schauraum zugleich. Entstanden ist der Garten vor zehn Jahren hinter dem Firmensitz. Alteingesessene kennen den renovierten Bau noch als alte Raiffeisenkasse in Zemmer. „Auf das Projekt ‘Tausende Gärten – Tausende Arten’ sind wir im Gespräch mit einem Pärchen im hiesigen Restaurant Denis bei einer Viez-Limo aufmerksam geworden“, erzählt die Gartenbesitzerin lachend. Beim Stichwort Viez taucht vor meinem inneren Auge sofort das Bild regionaler Streuobstwiesen auf. Als Biotop bietet es Lebensraum für eine Vielzahl von Spezies, die in der ausgeräumten Landschaft selten geworden sind. Solch eine Streuobstwiese umfasst das knapp 3000 Quadratmeter große Gelände auch. Überhaupt passten die Kriterien für eine Teilnahme an dem Projekt perfekt zu den Überzeugungen der beiden Wahleifeler, die in Trier Geographie studiert haben. „Ein Naturgarten besteht so weit wie möglich aus einheimischen Wildpflanzen“, heißt es darin. Schaut man sich um, fallen die leuchtenden Königskerzen, Wegewarte und Kardendistel auf, die sich frei versamen dürfen. „Möglichst viele Flächen werden begrünt“, lautet die Devise unter dem Punkt Strukturreichtum. Und weiter: „dabei wird auf standortgerechte Pflanzungen und Aussaaten geachtet, und es kommen nur ökologische Baustoffe zum Einsatz.“ Versiegelte Flächen wird man auf dem Gelände nicht finden. Als Trittplatten zum Holzdeck sind alte Basaltsteine wiederverwendet worden. Auch die gliedernde Trockenmauer, in deren Ritzen sich zahlreiche Kleinsttiere tummeln, upcyceln das Eifeler Erruptivgestein.
260 Quadratmeter nimmt der Schwimmteich ein. Können wir den mal umrunden? Es beginnt an der Einstiegsleiter am Holzdeck. Wahlweise springt man von den Findlingen zur Rechten ins kühle Nass. „Deshalb der gemauerte Teil, wo das Wasser drei Meter dreißig tief ist“, erklärt Jens Gelderblom. In 20 Meter langen Bahnen lässt sich der Teich durchschwimmen. Links und rechts säumen Seggenzonen das Ufer. In diesem Regenerationsbereich wird das Wasser gereinigt. Man kann es sich wie eine Pflanzenkläranlage vorstellen. Drei Oberflächenskimmer sorgen dafür, dass sich kein Film von Pollen, Laub und anderen Einträgen bildet. Die Wasserumwälzung besorgt der Wind. Was an einem heißen Tag verdunstet, füllt Regenwasser wieder auf. Das Wasser sämtlicher Dachflächen wird über eine Zisterne zwischengespeichert. In Kreisläufen zu denken, ist ein Grundprinzip des naturnahen Gartens. Aber was ist das? Immer wieder fallen freie Einbuchtungen auf. „Am Rand sind bewusst Lücken gelassen worden, damit die Frösche besser laichen können“, sagt Katrin Gelderblom. „Schon zwei Jahre nachdem der Teich 2015 angelegt war, hatten wir über 200 Pärchen Grasfrösche.“ Was hier von Zeit zu Zeit so lustig quakt sind dagegen Teichfrösche. Und wenn man eine Portion Neugier für den Lebensraum am und ums Wasser mitbringt, kann man vom Bergmolch bis zur Feuerlibelle eine ganze Wunderwelt entdecken.
Der Garten kann auf Anfrage besichtigt werden.
Astakus GmbH
Heidweilerstrasse 33
54313 Zemmer
Telefon 065809176681
Extra: „Tausende Gärten – Tausende Arten“
Das Projekt „Tausende Gärten – Tausende Arten“ fördert den Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland. Es ist 2009 von der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft 1822 e.V., dem Wissenschaftsladen Bonn und der tippingpoints GmbH, einer Agentur für nachhaltige Kommunikation ins Leben gerufen worden. Die Umsetzung ist seitdem in enger Zusammenarbeit mit Naturgarten e.V., dem Verband Deutscher Wildsamen- und Pflanzenproduzenten und er Heinz-Sielmann-Stiftung erfolgt. Mitmachen können von Privatleuten über Vereine und Institutionen, Kommunen, Unternehmen und Gärtnereien bis zu Gartenmärkten oder andere Verkaufsorte. Noch bis Ende des Jahres wird Biologische Vielfalt im Rahmen des Bundesprogramm gefördert. Im Abschlusssymposium am 11. September sollen die Ergebnisse des Projekts gewürdigt und neue Perspektiven für naturnahe Stadt- und Gartenräume entwickelt werden. Nähere Informationen unter www.tausende-gaerten.de
